CHRONIK 1822 - 1996



1822 gründet der Gastwirt Franz Berger das Sierninger Schützenkorps, dem Entstehungsjahr nach zu schließen zwar offiziell als Selbstverteidigungstruppe gegen die sich noch immer im Lande aufhaltenden Reste versprengter französischer Regimenter, doch im Grund eher als Paradekorps, denn die Chronik weiß zu berichten, daß die erste Ausrückung "unter großer Feierlichkeit" stattfand. Zum ersten Hauptmann des aus 41 Mitgliedern bestehenden Korps, dem zusätzlich noch sieben Musiker angehörten - somit wurde die Korpskapelle im selben Jahr gegründet -  wurde der Amtsrichter Wilhelm Rubsam gewählt, der diese Funktion bis 1847 behielt.


Während der Revolutionsjahre dürfte sich das Sierninger Bürgerkorps "wohlverhalten" haben, wodurch die Garde das Privileg erhielt, auf der Korpsfahne den Doppeladler (siehe Abbildung links) zu führen - daher auch der Name "Privilegiertes, uniformiertes Bürgerkorps".

1854 trat der spätere Sierninger Ehrenbürger, Gemeinderat und Landtagsabgeordnete
Franz Doppler in die Bürgergarde ein. Der 1830 in Steyr geborene Sohn eines Lebzelters wurde, nachdem der k. u.  k. Postmeister und Kommandant des Schützenkorps, Josef Peßl, seine Funktion zurückgelegt hatte, am 15. September 1866 einstimmig zum Hauptmann gewählt und blieb es jahrzehntelang. Am 20. September 1891 feierte er übrigens sein 25-Jahr-Jubiläum als Kommandant des Sierninger Schützenkorps.

Ende der 80er Jahre zählte das Schützenkorps Sierning einschließlich Offizieren 84 Mann, zu denen noch 24 Musiker kamen, also eine recht beachtliche Anzahl, die in den nächsten Jahren aber noch steigen sollte, Ehrenmitglieder dieser Formation waren u. a. Josef Werndl
sowie Kommandanten der Bürgerkorps von Vöcklabruck, Wels und Steyr, Josef Artbauer, Heinrich Mühlenpfodt und Franz Bichler.

Am 18. August 1912 - zu Kaisers Geburtstag - feierte die Sierninger Garde ihr 90-Jahr-Gründungsfest. Zu diesem Zeitpunkt war das Schützenkorps einschließlich Musikern rund 100 Mann stark.

Nach dem Zusammenbruch der Monarchie löste sich die Bürgergarde auf, während die Kapelle - in Feldgrau der alten k. u. k. Armee adjustiert - weiterbestand. Die politischen Gegensätze der jungen Republik ließen es ratsam erscheinen, zunächst auf eine Wiedererrichtung zu verzichten. Doch schon 1926 rekonstituierte sich die aus etwa 55 Mitgliedern bestehende Sierninger Garde und wurde in der Folge zu einem wesentlichen Stützpfeiler des gesamtösterreichischen Reichsverbandes der Bürger - und Schützenkorps. 1930 wurde der Sierninger Hauptmann Franz Gumpenberger Kassier des Reichsverbandes. Zwei Jahre später - am 5. Juni 1932 - tagte der Ausschuß dieser bundesweiten Dachorganisation in Sierning.

1936 wurde Hauptmann Gumpenberger - mittlerweile Bürgermeister von Sierning - nach Freistädter Vorbild zum statutarischen Protektor ernannt, wodurch Rupert Wochenalt zum Ehrenhauptmann und Hans Lederhilger zum Hauptmann und Kommandanten aufrückten.

1938 wurde das Sierninger Korps von den Nationalsozialisten verboten und in der Folgezeit gingen der Großteil der Archivalien, Waffen und Uniformen verloren. Lediglich die alte Korpsfahne, welche bereits auf einem Gemälde von 1854 abgebildet ist, wurde von der Fam. Gertrud und Josef Landerl, Steyrer Straße 2, Sierning, gerettet.

Die Auflösung führte in den meisten vergleichbaren Fällen dazu, daß die betreffende Garde nach dem zweiten Weltkrieg - wenn überhaupt - nur in einem Nebensatz in den Heimatbüchern oder ähnlichem Erwähnung fand. In Sierning war es glücklicherweise nicht so. Die ehemalige Korpskapelle, 1949 als Musikverein www.mv-sierning.at wiedergegründet, erinnerte sich an ihre alte Tradition als Gardemusik und so fand 1979 - insbesondere infolge der Bestrebungen von Pfarrer KsR Helmut Fröhlich - die Einkleidung in k. u. k. Uniform statt. Bis auf den neueingeführten Infanterietschako mit weißem Federbusch blieb man der alten Adjustierung treu und der Musikkurat, KsR Helmut Fröhlich, bekleidete sogar den Majorrang.

In der Folge blieben mehrere Wiedererrichtungsversuche erfolglos. Erst im Jahr 1995 wurde über Initiative der Musikkapelle Sierning der Beschluß zur Wiedererrichtung gefaßt. Hauptiniatoren waren hiebei Obmann Walter Jungert und Kassier Christian Deisl, welche sich trotz zahlreicher Schwierigkeiten von diesem Vorhaben nicht mehr abbringen ließen. Nach zwei provisorischen Ausrückungen - Allerheiligen 1995 mit drei Mann und zum 50. Geburtstag von Reinhold Baumschlager mit zwölf Mann - war es nun soweit, daß am 19. Mai 1996 die Wiedererrichtung und gleichzeitige Angelobung mit 18 aktiven Gardisten erfolgen konnte.

 

Heute besteht der Verein aus 53 aktiven Gardisten, 6 Marketenderinnen sowie unserer Fahnenpatin Gabriele Platzer.
Eine Besonderheit ist auch das Bestehen einer eigenen Band namens „WA-HU-CH“, welche ausschließlich aus Mitgliedern der Bürgergarde besteht.